Die resiliente Organisation
als Unternehmen der Zukunft
„... and what’s really frightening, or interesting, depending on your perspective, is that the change from now on will even be faster and bigger than we’re expecting.“
Nicholas Negroponte, Mitbegründer des MIT Media Lab, Massachusetts, 1996
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Auch, wenn die Aussage von Negroponte schon fast 20 Jahre alt ist, so hat sie in ihrer Bedeutung seither nichts verloren. Damit Unternehmen in einer dermaßen von Veränderungen gekennzeichneten Zeit überlebensfähig bleiben und sie sogar als Chance zum Wachstum begreifen, brauchen sie eine Menge an Flexibilität, an Anpassungs-, aber auch an Widerstandsfähigkeit. Es muss ihnen gelingen, gesellschaftlichen und unternehmens-externen wie -internen Wandel zu meistern und, wo möglich, dessen Verlauf positiv zu beeinflussen. Diese Fähigkeit bezeichnet der Begriff der „Resilienz“.
Deren Relevanz zeigt sich unter anderem an den aktuellen Reports der gesetzlichen Krankenkassen, die unisono auf steigende Fallzahlen bei psychischen Erkrankungen verweisen, für die vielfach negativer Arbeitsstress mit der Folge des Ausgebranntseins verantwortlich gemacht wird.
Kultur, Führung, Individuum
Die Resilienz einer Organisation wird im Wesentlichen von 3 Faktoren bestimmt: der Unternehmens-kultur, der Führungskultur und der Resilienz der einzelnen Mitarbeiter. Insbesondere der Resilienz der Top-Führungskräfte kommt dabei besondere Bedeutung zu. Denn nur Manager, die in der Lage sind, aus persönlichen und beruflichen Krisen einigermaßen unbeschadet oder gar gestärkt hervorzugehen, werden ihrer Aufgabe als Vorbild gerecht. Da ihr Verhalten darüber hinaus auch unmittelbaren Einfluss auf die Unternehmens- und die Führungskultur hat, können Organisationen nur dann nachhaltig wettbewerbsfähig sein und die erforderliche Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit haben, wenn das Managementteam überwiegend aus resilienten Personen besteht.
Langfristig erfolgreiche Organisationen zeichnen sich durch eine Kultur aus, in der
- die Mitarbeiter einer gemeinsamen Vision folgen und ein gemeinsames Wertesystem teilen
- Veränderungen im Umfeld als Herausforderung und Chance zur Weiterentwicklung wahrgenommen werden
- mit Vorausschau, Gelassenheit und Wertschätzung agiert wird
- Akzeptanz der jeweiligen Situation verbunden mit Lösungsorientierung gegeben ist
- ein Gestaltungswille herrscht und die Überzeugung, dass es möglich ist, Einfluss zu nehmen
- die Bereitschaft besteht, Verantwortung zu übernehmen und zu übergeben, auch wenn dabei Fehler passieren können
- Beziehungen und Netzwerken innerhalb und außerhalb der Organisation eine hohe Bedeutung zukommt
- die Zukunft fest im Blick ist.
Damit die Unternehmenskultur sich so entwickeln kann, müssen möglichst alle Führungskräfte am selben Strang ziehen, d.h. ein Umfeld schaffen, in dem die Mitarbeiter sich entsprechend entfalten und verhalten können.
Voraussetzungen dafür sind:
- die Führungskraft als Vorbild, die eine gemeinsame Vision und Werte vermittelt, integer handelt, den konstruktiven Umgang mit (auch eigenen) Fehlern vorlebt und die Mitarbeiter mit klaren Regeln und Erwartungen fordert sowie mit wertschätzender Unterstützung und Rückmeldung fördert
- ein partizipativer Führungsstil, der Mitarbeiter in Entscheidungen mit einbezieht und so ihre Identifikation, Motivation und Selbstständigkeit stärkt
- ein positives, entwicklungsorientiertes Menschenbild
- der Aufbau und Erhalt unterstützender Beziehungen und Netzwerke
- Wahrnehmung und Akzeptanz der Wechselwirkungen zwischen der Organisation und ihrem Umfeld und Antizipation daraus erwachsender Herausforderungen
- eigene Resilienz und Wissen über den Umgang mit Stress.
Die meisten Mitarbeiter wollen an ihr Unternehmen glauben, sich identifizieren und beteiligen. Was aber tun, wenn dieser Glaube erschüttert wird? Wenn sich abzeichnet, dass die Zeiten aufgrund externer oder auch interner Umbrüche rau werden oder die Frequenz der Veränderungen, anders als erwartet, nicht ab-, sondern zunimmt? Wenn kollektives Selbstbewusstsein und Leistungsfähigkeit zu sinken drohen?
Spätestens dann, aber besser schon in Vorbereitung auf diesen nicht unwahrscheinlichen Fall, sollte am Aufbau der Widerstandsfähigkeit gearbeitet werden, denn die gute Nachricht ist: Resilienz lässt sich erlernen.
Alle Menschen, und damit auch alle Organisationen, haben von Natur aus ein gewisses Maß an Toleranz gegenüber Veränderungen und Stress; manche mehr und manche weniger. Und alle können ihre entsprechenden Fähigkeiten steigern. Ähnlich dem Fitnessaufbau muss, wer seine Resilienz stärken will, aber mit Nachdruck und Nachhaltigkeit regelmäßig daran arbeiten. Wie entscheidend dieses Training für den Einzelnen oder die Organisation als Ganzes ist, zeigt sich oft erst im Nachhinein: wenn nämlich die Veränderung ihre volle Wirkung entfaltet hat.
Um auch in Krisenzeiten handlungsfähig zu bleiben, benötigen alle Mitarbeiter im Unternehmen, aber ganz besonders die Führungskräfte, ein entsprechendes Maß an geistiger Flexibilität, emotionaler Stabilität und körperlicher Ausgeglichenheit.
Selbstmanagement und geistige Flexibilität
Im Hinblick auf die geistige Beweglichkeit kommt dem Selbstmanagement eine besondere Bedeutung zu. Die bewusste Steuerung der eigenen Gedanken und Gefühle hilft dabei, hinderliche Denkschleifen zu durchbrechen und sich auf die Bereiche zu konzentrieren, die man selbst beeinflussen kann, statt wertvolle Energie mit der Sorge um Dinge zu verschwenden, die nicht zu ändern sind. Durch regelmäßiges, bewusstes Innehalten und kritische Selbstbeobachtung kann die Führungskraft Abstand zur eigenen Rolle gewinnen und ihre innere Haltung überprüfen. Dieser Perspektivwechsel öffnet häufig den Blick für zusätzliche Handlungsalternativen.
Die Beobachterposition kann weiterhin dazu genutzt werden, sich seine eigenen prägenden Werte und – möglicherweise überzogenen – Erwartungen bewusst zu machen und so auch die eigenen Reaktions- und Handlungsmuster besser zu verstehen. Werden in der Konsequenz wiederholt und erfolgreich neue Denkmuster angewendet und neue Verhaltensweisen ausgetestet, steigt nach und nach das Zutrauen in die eigene Autonomie und Gestaltungskraft. Dies ist besonders wirkungsvoll, da meist nicht die herausfordernde Situation selbst, sondern der empfundene Mangel an passenden Bewältigungsstrategien negativen Stress verursacht.
Visionen, Ziele und emotionale Stabilität
Die gemeinsame Vision für die Ziele des Unternehmens ist mehr als nur „Beratersprech“. Sie ermöglicht es den Führungskräften, die Ziele des Unternehmens so weit herunterzubrechen und zu konkretisieren, dass diese mit ihren eigenen persönlichen Zielen bzw. denen ihrer Mitarbeiter weitgehend in Einklang zu bringen sind. Nur so kann langfristig gesichert werden, dass alle in der Organisation aus innerem Antrieb heraus handeln, statt „Punkte abzuarbeiten. Entscheidend dafür ist auch, dass im Unternehmen die richtige Person auf der richtigen Position eingesetzt wird. Nur bei einer guten Passung von Stelleninhaber und Aufgabe wird der Mitarbeiter ausreichend gefordert ohne überfordert zu werden. Gelingt es, dieses Gleichgewicht zwischen Leistungsansprüchen und vorhandenen Kompetenzen herzustellen, wird sogar Arbeiten im Flow möglich; dieser Zustand der optimalen Balance von Anforderung und Leistung führt zu besseren Arbeitsergebnissen in kürzerer Zeit und größerer Zufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit. Flow ist allerdings der Definition nach kein Dauerzustand, sondern zeitlich begrenzt, und kann nur durch stetige Weiterentwicklung von Fähigkeiten immer wieder erreicht werden. Somit dient er gleichzeitig als Anreiz zur Ausweitung der eigenen Kompetenzen und dadurch als Möglichkeit zu persönlichem Wachstum durch immer weiteres Verschieben der eigenen Komfortzone. Diese Erweiterung des „Aktionsradius“ steigert wiederum die Widerstandskraft sowohl des Individuums als auch des Teams.
Eine wichtige Strategie für emotionale Balance in Krisenzeiten ist, rechtzeitig eigene Ressourcen zu erkennen und erschließen. Wenn sich Führungskräfte darüber klar werden, welche konkreten Gedanken oder Aktivitäten ihnen Bodenhaftung geben, Kraft spenden, sie gar beflügeln, können sie diese bewusst einsetzen, um Ausgleich in Belastungssituationen zu schaffen. Zusätzlich sollten sie sich Unterstützungsstrukturen aufbauen und aktive Beziehungspflege betreiben. Echte, tiefe Freundschaften, familiärer Rückhalt und ein konstruktiver, wertschätzender Umgang mit Kollegen oder Geschäftspartnern können starke Kraftquellen darstellen und gelegentlich auch die eigene Wahrnehmung etwas „geraderücken“. Ein ehrlicher Austausch mit einer vertrauten Person kann einem zu ganz neuen Einsichten – gerade in Bezug auf sich selbst – verhelfen und einen geschützten Raum schaffen, in dem es möglich ist, ohne Scheu auch über mögliche Ängste und Zweifel zu sprechen.
Gesunder Körper, gesunder Geist
Nicht vernachlässigt werden sollten zudem die körperliche Fitness und Gesundheit, da der Körper dem Gehirn nicht nur als funktionserhaltende Hülle und Werkzeug dient, sondern andersherum körperliche Ungleichgewichte auch direkten Einfluss auf das Denken und Verhalten nehmen können. Ausreichend Schlaf und Entspannung, regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung sollten jedem als Basis für körperliches Wohlbefinden einleuchten. Doch mindestens ebenso wichtig ist es, gesundheitliche Vorsorgetermine einzuhalten sowie akute Signale des Körpers ernst zu nehmen und abklären zu lassen. Dies fällt häufig gerade in stressigen Phasen schwer, da Warnzeichen nicht wahrgenommen bzw. verdrängt werden oder „die Zeit fehlt“, sich ernsthaft darum zu kümmern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine ganzheitliche, auf die individuelle, Führungs- und Organisationsebene bezogene Vorbereitung zur Bewältigung von vorhersehbaren genauso wie von unerwarteten Veränderungen und Schwierigkeiten der Schlüssel für Resilienz im Unternehmen ist. Dabei sollte es der Organisation weniger darum gehen, neue Entwicklungen an sich abprallen zu lassen bzw. nach überstandenen Krisen in die exakt selbe Form zurückzuspringen, sondern durch frühzeitige Anpassung an neue Gegebenheiten einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Damit dies gelingt, muss die Unternehmenskultur entsprechende Anpassungsprozesse erlauben, also eine gewisse Improvisationsfähigkeit, Innovationsfreude und Fehlertoleranz bieten. Darüber hinaus müssen Führungskräfte zum einen adäquat auf ihre Führungsaufgaben vorbereitet und zum anderen in kritischen Situationen mit ihrem Team unterstützt werden. Und schließlich sollte sichergestellt werden, dass jede Person im Unternehmen die am besten zu ihr passende Stelle ausfüllt, und dass alle Mitarbeiter durch gezielte Interventionen im Aufbau von individueller Widerstandsfähigkeit gefördert werden.
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